Barmer Köpfe
Hefter, Werner
Werner Hefter hat gerne gelebt und viel erlebt
Foto: Klaus-Günther Conrads
„Ich möchte keine Minute meines Lebens missen“, diese Aussage machte Werner Hefter im stolzen Alter von 81 Jahren und klang dabei glaubwürdig. „Der alte Hefter“, wie er sich selbst nannte, stand auch im fortgeschrittenen Alter noch „mitten im Leben“, das für ihn so abenteuerlich und erlebnisreich war. Er hatte noch so viel vor, dass die Zeit immer knapp war. Eckpunkte gab es für den forschen Rentner trotzdem. Es waren die Fernsehnachrichten am Morgen und Abend, dazu Zeitungen unterschiedlicher Couleur. „Man muss schließlich wissen, was los ist“, meinte er einmal dazu.
Biografisches
Werner Hefter, der spätere Flieger und Unternehmer, wurde am 1. Dezember 1915 in Neusulz an der Oder geboren. 1928 zog die Familie nach Potsdam, wo er das Gymnasium besuchte. Während seine Mitschüler büffelten, beurlaubte sich der junge Hefter selbst und verdiente erstes eigenes Geld als Komparse in den Babelsberger UFA-Filmstudios. Ein Streifen hieß „Mädchen zum Heiraten“, andere „Das Ekel“ und „Gräfin von Monte Christo“. Nach dem Rausschmiss aus der Schule kurz vor dem Abitur begann der Wissbegierige 1933 eine Lehre im Eisenwarenhandel. Es kam die Zeit, als Reichskanzler Adolf Hitler mit festen Programmen gegen die Arbeitslosigkeit von sechs Millionen Menschen ankämpfte und insbesondere die Jugend in seinen Bann zog. Hefter gehörte zu den vielen, die einen Auto- oder Flugführerschein kostenlos erwerben konnten und wirkte im NSFK mit. Er betonte, dass eine NS-Parteimitgliedschaft nicht Bedingung war. Zwar war ihm zweifelhaft, dass so wenige Zeitgenossen zu ihrer damaligen Überzeugung standen, doch sah er andererseits Vergleiche zur Gegenwart, wo die Jugend besonders im Osten Deutschlands wegen fehlender Ausbildung und Beschäftigung die Verlierer der Einheit zu sein scheinen.
Luftsport
Im Deutschen Luftsportverband hatte Werner Hefter das Fliegen aller Maschinentypen erlernt, ab 1933 Segelflug, von 1935 an Motorflug. In Rangsdorf bei Berlin leitete er die Flugbereitschaft und lernte Beate Uhse kennen, deren Name später für Furore im Sexartikelhandel sorgen sollte. Das gemeinsame Fliegen ließ eine lange, echte Freundschaft entstehen. Hefter flog beispielsweise die legendäre Junkers Typ Ju 52 und die Fliegerschar hieß „Roter Adler“. Es wurden Sportfliegerschulen eingerichtet und man konnte Maschinen mieten. Aus den Wettbewerben, an denen sich der begeisterte Flieger beteiligte, ragte der Deutschland-Flug heraus, der ihn in die „letzten Ecken“ des Reiches fliegen ließ. Typisch ist für Werner Hefter, dass er auch seine Schleppflüge bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin noch Jahrzehnte später minutiös belegen konnte, ergänzt durch Zeugnisse der Medaillengewinner. Als Flieger-Double kehrte Hefter zum Film zurück. Beim „Kongo-Express“ waren Willi Birgel und Rene Deltgen die Stars, beim „Lied der Wüste“ Zarah Leander und Gustav Knuth. Ältere Kinogänger werden sich gerne an die rasanten Flüge erinnern, für die die Stars ihr Leben nicht aufs Spiel setzen mussten.
Die nationalsozialistische Zeit mit dem Zweiten Weltkrieg
Zuvor mit Militär und Waffen nicht in Berührung gekommen, wurde Werner Hefter im September 1939 zur Luftwaffe und in die Kampffliegerschule eingezogen. Zum Jahresende 1939 galt es, „in Krakau das Vaterland zu verteidigen“. Der nach der Verlegung nach Kitzingen/Main deutlich werdende fliegerische Fleiß hinterließ die Titulierung „fluggeil“. Im Frankreich-Krieg ging es ans Eingemachte. Erfolgreichen Flügen standen zwei Abschüsse in Dünkirchen und der Themse-Mündung am 27. Mai und 31. August 1940 gegenüber. Hefter konnte seinen zweiten Geburtstag feiern, denn diese und andere Abstürze wegen technischer Defekte hat er ohne ernsthafte Verletzungen überstanden. Gerne gestand er deshalb später, „dass ich viel Glück gehabt habe, dem lieben Gott näher war als viele andere, und dankbar bin!“ Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurde Hefter für Kurierflüge, beispielsweise von Jüterbog bei Berlin nach Oslo, eingesetzt. Während er, längst zum Offizier befördert („um Schwächen wegen der fehlenden Grundausbildung zu verschleiern“), sich von Ranghöheren nicht beeindrucken ließ, zeigte er gegenüber Infanteristen, deren Heimaturlaub bevorstand, viel Herz. „Es gab manch nette Episode“, schmunzelte Hefter im Interview, der dann von Rostock aus Überführungsflüge für die Flugzeugwerke Heinkel, anschließend von Riga für M. Espenlaub, und schließlich von Wismar aus für Dornier ausführte.
Nachkriegszeit
Nach Kriegsende kehrte Werner Hefter mit seiner Frau Ilse, die er 1943 in Riga kennengelernt und schon vier Wochen später in der Potsdamer Garnisonskirche geheiratet hatte, in deren Heimatstadt Wuppertal zurück. Da Fliegen verboten war, suchten die Hefters nach einer neuen Existenzgrundlage. „Kitten, Kleben und Leimen“ hieß die Devise, und gefertigt wurden Haushaltsgegenstände und Spielwaren in einem Langerfelder Luftschutzkeller. Der Start gelang ohne Kapitaleinsatz, „doch mit Hilfe meiner Gattin“, vergaß Hefter nicht zu erwähnen. Zwar hatte der Jungunternehmer, für den Qualität, Zuverlässigkeit und solide Preise Grundprinzipien waren, keine Teller gewaschen, aber stattdessen Uhren gereinigt und Scalenantriebe für Rundfunkgeräte repariert. Zeitweise wurde eine Bandwebdruckerei betrieben. Frau Hefter spulte. Nach mehreren Stationen in Langerfeld wurde am 1. Januar 1946 der Betrieb an der Heckinghauser Straße aufgenommen und die Automobilindustrie bevorzugtes Betätigungsfeld. Die Leichtmetallverarbeitung reichte vom Kühlergitter des BMW bis zu Dachgalerien; das Verformen von Aluminium war ein Erfolgsrezept bis in die Gegenwart. Erst die Rezession zeigte die gespannte Lage abhängiger Zulieferer deutlich. Die Verantwortung hatte Werner Hefter längst an seinen Sohn Dieter übertragen, „weil nur einer bestimmen kann“. Dass die Hefters wahrhaft eine Fliegerfamilie sind, beweisen auch Sohn, Schwiegersohn und Enkel, die mit großen Erfolgen und freudig in die Lüfte gehen.
Leben ohne Fliegerei?
Dass Werner Hefter nicht ohne die Fliegerei leben konnte, war klar. Deshalb gründete er 1950 gemeinsam mit Gottlob Espenlaub (seine ehemalige Bauhaus-Villa „Fischer“ steht an der Rudolf-Ziersch-Straße) den Luftsportclub Wuppertal. Kaum zu glauben, dass dort, wo später Metro und Real ihre Waren verkauften, Flugzeuge starteten und landeten. Da es mit einem Flugplatz auf den Marscheider Höhen nicht geklappt hatte, wurde 1963 der Flugplatz in Radevormwald-Leye in Betrieb genommen. 1983 nahm Ehrenmitglied Hefter seinen Abschied von der aktiven Fliegerei. Im Club war er immer ein Vorbild, hatte für alle ein offenes Ohr. Später vertiefte sich „der alte Hefter“ noch manches Mal in alte Fotoalben, Bücher und archivierte… Seine Frau ließ ihm die eigenen vier Wände und die regelmäßigen Stammtischbesuche. Hefters Interesse galt den LTV-Handballern und dem Heidter Bezirksverein, der ihn zum Ehrenmitglied ernannt hat.
Werner Hefter starb am 28. Oktober 2002 in seinem letzten Wohnsitz Mönchengladbach. Begraben ist er auf dem Unterbarmer Friedhof.